Der Sommeranzug ist jetzt noch viel verführerischer

Aug 23, 2023

Aleks Cvetkovic. Fotografie von Kyle Weeks. Styling von Esther Matilla. Modell, Ottawa Kwami

Wir senden Ihnen jeden Morgen eine myFT Daily Digest-E-Mail mit den neuesten Nachrichten zur Herrenmode.

Selbst in dieser Welt des informellen, flexiblen Arbeitens bringt der Anzug immer noch jede Menge kulturellen Ballast mit sich. In den letzten 20 Jahren galt es größtenteils als Zwangsjacke: als etwas, das man bei Taufen und Beerdigungen widerwillig abstreifen musste, oder als handelsübliche, Wernham-Hogg-würdige Uniform. Im Sommer war der Anzug zu oft stickig, schwer und unbequem. Aber das muss nicht sein. Das Schneiderhandwerk für Männer ist in mehrfacher Hinsicht einfacher geworden.

„Als ich vor fünf Jahren zu Brioni kam, war der Sommeranzug nur ein Business-Anzug aus verschiedenen Stoffen und Farben; die Silhouette war formell und klassisch“, sagt Norbert Stumpfl, Executive Design Director des Hauses. „Im Laufe der Jahre ist der Sommeranzug in der Konstruktion immer leichter geworden. Der Gesamteindruck ist sehr elegant, aber gleichzeitig verleiht ihm seine Leichtigkeit Modernität.“

Weste aus Wollgabardine von Alexander McQueen, 950 £, und passende Hose, 750 £. D'Heygere-Kettenarmband aus Messing, 420 €

Brioni-Seidenhemd, 1.100 €. Bottega Veneta Acetat-Caravan-Sonnenbrille, £350. Versace La Medusa-Ohrring aus goldenem Metall, POA (als Paar verkauft). Dolce & Gabbana Rosario-Halskette aus vergoldetem Metall und Edelsteinen, 295 £

Dior-Jacke aus Baumwoll- und Seiden-Voile mit abnehmbarem Schal vorne, 3.400 £, und passende Hose, 1.150 £. Bally-Seidenhemd, 900 £. Jacquemus-Leder-Les Mocassins Bricciola-Loafer, £615. Versace La Medusa-Ohrringe aus goldenem Metall, POA

Eine Jacke, die aus mehreren Lagen Stoff, Rosshaar-Canvas und Innenpolsterung besteht, zu zerlegen, ist keine leichte Aufgabe. Viele traditionelle Schneider schrecken vor der Idee zurück, leichte Anzüge herzustellen, weil es so schwierig ist, eine unstrukturierte Jacke mit Form herzustellen. Bei Brioni gehen Stumpfl und sein Team neue Wege.

Wenn Sie das Hemd weglassen, erhalten Sie einen wirklich sauberen V-Ausschnitt. Es ist ziemlich subversiv, aber anspruchsvoll

Die SS23-Kollektion des Hauses umfasst luftige Anzüge mit natürlichen „Hemdärmel“-Schultern, halbgefütterte Jacken, fließende Faltenhosen und großzügige Revers. Zu den Highlights gehören ein zweireihiger Anzug aus Kaschmir, Seide und Leinen in Pink sowie ein nachtblauer Anzug aus reinem Seersucker-Seide mit einem passenden Seersucker-Hemd. „Ich liebe Stoffforschung“, fügt Stumpfl hinzu. „Wir achten auf superleichte Stoffe mit natürlichem Fall.“

Auch andere Labels spielen mit federleichten Stoffen. Zegna kreiert minimalistische Anzüge und Einzelteile aus leistungsstarken technischen Stoffen, die in der firmeneigenen Fabrik gewebt werden. Revers und Taschen sind ordentlich und unauffällig, während die Taillen für einen lässigen Look leicht abgesenkt sind. In London ist die Sommermode von Paul Smith lässig und lässig, mit weiten Jacken und weit geschnittenen Hosen, die einem formellen Look eine unbeschwerte Note verleihen.

Wolljacke von Paul Smith, 850 £, und passende Hose, 360 £. Baumwoll-Mesh-Shirt von Sandro, 225 €. Baumwoll-T-Shirt von Loro Piana, 590 £. Brioni-Ledermokassins, 870 £

„Für mich dreht sich bei der Sommerschneiderei alles um weiche Linien, natürliche Farbtöne und Volumen“, sagt Richard Biedul, der vom Model zum freiberuflichen Kreativdirektor wurde. „Eine übergroße Silhouette fühlt sich wirklich zeitgemäß an. Ich mag Jacken mit einer weicheren, verlängerten Schulter und Hosen mit einem weiteren Bein oder etwas Schlag.“ Biedul, der für seine gut geschnittene Garderobe bekannt ist, trägt in den wärmeren Monaten auch gerne eine zweireihige Jacke ohne Hemd darunter. „Wenn man das Hemd weglässt, bekommt man einen wirklich klaren V-Ausschnitt. Das ist ziemlich subversiv, aber raffiniert. Im Sommer ein bisschen Haut zu zeigen, ist so anzüglich, wie ein Mann nur sein kann.“

Diese neue, luftigere Art von Anzug kann es sich sicherlich leisten, ein wenig Sexappeal zur Schau zu stellen. Die SS23-Kollektion von Saint Laurent ist gefüllt mit schlanken Anzügen und Blazern mit schmaler Taille aus luxuriöser Grain-de-Poudre-Wolle, tief geknöpften Seidensatinhemden und bequemen Hosen im 70er-Jahre-Stil. „Es kommt darauf an, was man unter der Jacke trägt“, fügt Biedul hinzu. „Lockere Hemden mit langem Spitz- oder Reverskragen machen den gesamten Look weicher.“

Diese aufgeklärte Haltung erstreckt sich auch auf die Art und Weise, wie Designer mit Farben spielen. In diesem Sommer dreht sich bei der Anzugmode alles um raffinierte Neutraltöne und zarte Pastelltöne. Die Schneiderkunst von Canali beispielsweise basiert auf dezenten Stein- und Taupe-Tönen, mit gelegentlichen Stücken in Altrosa oder sanftem Grün. „Die Palette der ligurischen Küste spielt in der gesamten Kollektion den Protagonisten“, erklärt CEO Stefano Canali. „Diese pudrigen Rosa-, Sand- und Salbeitöne sind so charakteristisch für diesen Teil der italienischen Küste. Ich finde diese Farbtöne auf entspannte Weise sehr elegant.“

Empfohlen

Die Farbpalette von Dior ist ähnlich, mit Anzügen in Rosa, Sand und Pistaziengrün (alle Farben inspiriert von Kim Jones‘ geliebtem Charleston-Bauernhaus, der Heimat des Bloomsbury Set), während die Kollektion von Alexander McQueen weiche, matte Stoffe in Weiß und Lavendel in den Mittelpunkt stellt. Und wenn Sie bei der Idee eines pastellfarbenen Anzugs nervös sind, müssen Sie das nicht tun. „Die Definition von Männlichkeit ist heute alles andere als eindeutig“, sagt Canali. „Persönlichkeit zu zeigen ist der Schlüssel.“

Wenn der Sommeranzug neue kreative Impulse bekommt, muss es dann überhaupt eine passende Jacke und Hose sein? „Diese Vorstellung, dass es beim Schneidern eine Reihe von Regeln gibt, ist so antiquiert“, sagt Biedul. „Schneiderei kann alles sein, von einem dreiteiligen Power-Anzug bis hin zu einem passenden Hemd und einer passenden Hose, solange sie schön verarbeitet sind.“ In dieser neuen, ausdrucksstarken Landschaft kann sogar ein maßgeschneiderter Gucci-Overall eine Art Anzug sein – vor allem, wenn er aus einem eleganten Stoff geschnitten ist.

„Ich verwende das Wort ‚Anzug‘ nicht mehr und spreche jetzt nur noch von ‚Maßschneiderei‘“, fügt Biedul hinzu. „Ein Anzug hat oft eine supernegative Konnotation. Man zwingt sich dazu, ihn bei der Arbeit zu tragen, er ist eintönig. Aber wenn man ihn auf die eigene Art und Weise schneidert, fühlt man sich besser. Er gibt einem das Selbstvertrauen, rauszugehen und man 2.0 zu sein.“ ." Ganz gleich, ob Sie mit Farben, Stoffen oder den darunter liegenden Schichten experimentieren, lassen Sie triste Winterschneidereien in dieser Saison unbedingt der Kälte aussetzen.

Handgefertigte Barathea-Jacke aus Wolle von Ralph Lauren Purple Label, 3.930 £. Weste aus Stretch-Cady von Ferragamo, 1.085 £. Charvet-Taschenschal aus Seide, 80 €. Chanel-Halskette aus Metall und Strass, 1.185 £. Versace La Medusa-Ohrring aus goldenem Metall, POA (als Paar verkauft)

Häkeltop von Isabel Marant, 1.800 €. Wolljacke von Dolce & Gabbana, 2.350 £. Marine Serre Pointelle-Strickhose aus Viskose, £390. Gucci-Lederpantoletten, 700 £. Versace La Medusa-Ohrringe aus goldenem Metall, POA

Gucci-Jumpsuit aus Seidenorgandy, 3.890 £. Versace La Medusa-Ohrringe aus goldenem Metall, POA

Etro-Seidenjacke, 1.600 £, und passende Hose, 495 £

Zegna Vicuña-Baumwolljacke, 2.569 £, und Wollhose, 950 £. Isa Boulder Rayon-Poloshirt, 410 €. Brioni-Ledermokassins, 870 £. Etnia Barcelona Bertini-Sonnenbrille aus Acetat, 309 £. Versace Ohrringe „La Medusa“ aus goldenem Metall und Halskette aus goldenem Metall, beide POA

Baumwolljacke von Zegna, 1.733 £. Louis Vuitton-Baumwollpopeline-Hemd, 790 €, und Baumwollhut, POA. Versace La Medusa-Ohrring aus goldenem Metall, POA (als Paar verkauft)

Leinenjacke „Torino“ von Loro Piana, 2.980 £. Valentino-Shorts aus technischem Nylon, 1.150 £. Versace La Medusa-Ohrring aus goldenem Metall, POA (als Paar verkauft)

Modell, Ottawa Kwami bei Supa. Casting, Ben Grimes bei Drive Represents. Haare, Adlena Dignam bei Bryant. Assistenten des Fotografen, Mitchell O'Neil und Connor Wieczorek. Assistentin der Stylistin, Léa Sanchez. Produktion, Elsa Puangsudrac bei Farago Projects